Samstag, 9. Juni 2012, 20:49 Uhr
Tschechow IV
. — „Nein! Ich kann nicht!“ krächzte der Komiker und erhob sich. „Ich hab nun mal so eine Teufelsnatur! Ich kann nicht gegen mich an! Schlagen Sie mich, beschimpfen Sie mich, ich sage es trotzdem, Marja Andrevna! Matuska! Liebste! Verzeihen Sie mir großmütigst, ich küsse Ihnen kniefällig das Händchen...“ In die Augen des Komikers traten Tränen von Erbsengröße. „Sprechen Sie doch endlich... Unausstehlicher Kerl! Was ist denn los?“ – „Liebste, haben Sie nicht ein Gläschen Wodka für mich? Mir brennt die Seele! Im Mund habe ich nach dem gestrigen Besäufnis alle möglichen Oxyde, Oxydule und Superoxyde, dass kein Chemiker daraus schlau würde! Glauben Sie mir? Es dreht mir die Seele um! Ich kann nicht mehr leben!“ Die Ingenue errötete, runzelte die Stirn, besann sich dann jedoch und reichte dem Komiker ein Gläschen Wodka. Der trank es, lebte auf und begann Witze zu erzählen. — Tsche
chow, Der Komiker.
Samstag, 9. Juni 2012, 20:36 Uhr+1
Tschechow III
. — „Ich bin so schlecht“, selbstbeschimpft sie sich, „ekelhaft! Schlechter als alle auf der Welt! Nie werde ich mich bessern, nie, nie werde ich anständig werden! Kann ich es denn? Elende! Schämst du dich, tuts weh? Geschieht dir recht, du Miserable!“ — Tschechow, Worte, Worte
, Worte.
Samstag, 9. Juni 2012, 20:04 Uhr+1
Tschechow II
. — „Kann denn jemand, der ein Gewissen hat, in diesen Ihren Blättern schreiben? Ich halte alle diejenigen für Trottel, die sie abonnieren, Geld dafür ausgeben...“ – „Wer hat Ihnen gesagt, ich hätte schlechte Laune? Ich habe gute Laune... Sie verteidigen die Zeitungen deshalb so, weil Sie dafür schreiben, aber meiner Meinung nach sind sie alle... tffu! keinen Pfifferling wert. Sie lügen, lügen und lügen. Alles Lügner und Intriganten erster Sorte! Zeitungsleute sind wie Rechtsverdreher... Sie lügen und haben kein Gewissen...“ – „Ich spreche nicht von Ihnen... Im allgemeinen sind sie alle Gauner... Zeitungsleute, Anwälte, alle...“ — Tsche
chow, Der neunundzwanzigste Juni.
Samstag, 9. Juni 2012, 19:14 Uhr
Tanizaki, abermals
. — „Naomi klammerte sich an plötzlich meinen Hals und drückte mir wie ein eilig stempelnder Postbeamter Küsse auf Stirn, Hals, überallhin. Ich hatte das Gefühl, als fielen Kamelienblüten, dicht, schwer und taufeucht, auf mich hernieder.“ – Junich
iro Tanizaki, Naomi oder eine unersättliche Liebe.
Samstag, 9. Juni 2012, 19:05 Uhr+2
Tagebuch eines alten Narren
. — „Auf einmal umklammerte ich entschlossen ihre Schultern. Dann drückte ich auf die üppigste Stelle ihrer rechten Schulter meine Lippen und fuhr schnell mit meiner Zunge darüber hin – im gleichen Augenblick schlug sie, genau wie ich es erwartet hatte, mit der flachen Hand auf meine linke Wange.“ – „Das ist wirklich unverschämt! Ein alter Mann wie du!“ – „Ich dachte, du würdest mir wenigstens das erlauben...“ — Jun
ichiro Tanizaki, Tagebuch eines alten Narren.