Mittwoch, 30. Januar 2019, 18:28 Uhr > Noll >
Ebenda wird Hannah Arendt zitier
t: „An Hass hat es vermutlich niemals in der Welt gefehlt; aber [nun] wuchs er zu einem entscheidenden politischen Faktor in allen öffentlichen Angelegenheiten heran. Der Hass konnte sich auf niemand und nichts wirklich konzentrieren; er fand niemanden vor, den er verantwortlich machen konnte - nicht die Regierung und nicht die Bourgeoisie und nicht die jeweiligen Mächte des Auslandes. So drang er in alle Poren des täglichen Lebens und konnte sich nach allen Richtungen verbreiten, konnte die phantastischsten, unvorhersehbarsten Formen annehmen. Hier war jeder gegen jeden und vor allem gegen seinen Nachbarn. Was die modernen Massen von dem Mob [vergangener Zeiten] unterscheidet, ist die Selbstlosigkeit und Desinteressiertheit am eigenen Wohlergehen. Selbstlosigkeit, nicht als Güte, sondern als Gefühl, dass es auf einen selbst nicht ankommt, dass das eigene Selbst jederzeit und überall durch ein anderes ersetzt werden kann. Dies Phänomen eines radikalen Selbstverlusts, diese zynische oder gelangweilte Gleichgültigkeit, mit der die Massen dem eigenen Tod begegneten, war ganz unerwartet. Sie leiden an einem radikalen Schwund des gesunden Menschenverstandes und seiner Urteilskraft sowie an einem nicht minder radikalen Versagen der elementarsten Selbsterhaltungstriebe.“